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Siedlung Flöz Dickebank – Soziale und bauliche Prozessbegleitung der Einzelprivatisierung

Die ab 1872 errichtete Siedlung Flöz Dickebank in Gelsenkirchen-Ückendorf ist eine der ältesten Werkssiedlungen im Ruhrgebiet. Bekannt wurde sie durch den erfolgreichen Kampf der Bewohner Mitte der 1970er Jahre für den Erhalt und gegen den politisch bereits beschlossenen Abriss der Bergarbeitersiedlung. In den letzten Jahren erfolgten verschiedene Eigentümerwechsel. 2005 wurde die ursprünglich zur Gelsenkirchener Bergwerks-AG gehörende Siedlung vom Energieunternehmen E.ON an die Deutsche Annington (DA) im Besitz des britischen Private Equity-Investors Terra Firma Capital Partners verkauft. Um aus der Spirale der Finanzinvestoren herauszukommen, wollten die Bewohner ihre Siedlung in Form einer Genossenschaft selbst übernehmen und vereinbarten mit der DA ein Abkommen dazu. Dieses Vorhaben scheiterte. Auch lehnte das städtische Wohnungsunternehmen GGW ein Vorkaufsrecht aufgrund des hohen Sanierungsbedarfs ab. 2012 erwarb das Bochumer Unternehmen Häusser-Bau die Siedlung von der DA, um die 121 Zechenhäuser einzeln zu privatisieren.

Um die Befürchtungen der Mieter vor Kündigungen und Nutzungseinschränkungen entgegenzuwirken, verständigten sich die Stadt Gelsenkirchen, zusammen mit dem Mieterverein Gelsenkirchen und dem Mieterrat, sowie der Häusser-Bau auf eine Sozialcharta. Bestandteile sind u.a. vorrangiger Verkauf an Mieter, Schutz von Mietergärten und Kündigungsschutz für Mieter ab 65 Jahre. Letzteres trifft auf jeden dritten der insgesamt 150 Haushalte zu. Die Wohnberechtigung für ehemalige Bergbaubeschäftigte und deren Familien bleibt auch durch den Verkauf bestehen. 
Um die anstehende Einzelprivatisierung zu begleiten, hat die Stadt Gelsenkirchen ab Januar 2013 STADTRAUMKONZEPT zusammen mit Kiehle-Beratung: Wohnen und der Quartiersarchitektin Karin Powileit mit der baulichen und sozialen Prozessbegleitung für einen Zeitraum von fünf Jahren beauftragt. Die Aufgaben waren insbesondere:

  • Information und Unterstützung der Neu-Eigentümer bei der Anwendung von denkmalschutzrechtlichen Regelungen (Antragsverfahren zur denkmalrechtlichen Erlaubnis);

  • Information und Unterstützung der Bestandsmieter im Zusammenhang von Problemen, die mit der Einzelprivatisierung stehen, wie z.B. Veränderung von Grundstücksgrenzen, Problemen mit Gartenschuppen, sowie Fragen, die sich aus der Anwendung der Sozialcharta ergaben;

  • Vermittlung von Unterstützungen für die Mieter bei i.w.S. mietrechtlichen Fragestellungen, die sich aus der Verwaltung durch den neuen Eigentümer/Vermieter ergaben;

  • Organisation und Durchführung von themenbezogenen Veranstaltungen, z.B. zur Schimmelbildung, zur baulichen Selbsthilfe und zur Kooperation mit Beschäftigungsträgern bei Baumaßnahmen,

  • Erneuerung des Ende 1970er Jahre durch Umbau des ehemaligen Waschhauses entstandenen Heini-Wettig-Hauses des Vereins „Mieterhaus Flöz Dickebank“.

Im Rahmen der übergeordneten Prozesssteuerung wurde zudem eine ämterübergreifende Planungsrunde eingerichtete. Hier wurden etwa alle 6-8 Wochen Fragen des Denkmalschutzes, der notwendigen Benehmensherstellung mit der LWL-Denkmalpflege (Münster) und der planungsrechtlichen Umsetzung (Bebauungsplan, Denkmalbereichssatzung, Gestaltungssatzung, Gestaltungsleitfäden) besprochen und entschieden. Zudem fand einmal im Quartal ein Runder Tisch mit allen relevanten Akteuren unter Vorsitz des Stadtbaurates statt.

Im Ergebnis zeigt sich, dass mit Einzelprivatisierung die Umsetzung von Denkmalschutz durch die Vielzahl an Einzelakteuren und Einzelinteressen schwierig wird. Es erfordert einen hohen Kommunikationsaufwand. Die Prozessbegleitung konnte für die zukünftige Entwicklung und bewohnergetragene Umsetzung des Denkmalschutzes einen guten Grundstein legen. Vor allem konnten die Mieter durch die externe Begleitung im Privatisierungsprozess insgesamt gestärkt werden.

https://mieterhaus.jimdo.com/

Zeitraum

2013 bis 2017

Auftraggeber

Stadt Gelsenkirchen

Kooperationspartner

Kiehle Beratung: Wohnen (Leadpartner), afa gelsenkirchen architektin stadtplanerin Karin Powileit

Leistungen

Gebietsbetreuung und Standortmanagement